Klimapolitik, gesellschaftliche Naturverhältnisse, Neokolonialismus und die Illusion des ‚grünen Wachstums‘ im kapitalistischen Weltsystem des 21. Jahrhunderts.
19.00 | Open Doors
20.00 | Küfa a la AZ Conni (veganer Mampf für einen schmalen Taler)
20.30 | Vortrag Tino Heim: Warum sich der Klimawandel nicht aufhalten lässt, ohne den Kapitalismus zu überwinden.
Die ‚Zeitenwende‘ im Zuge der Eskalation des Ukraine-Kriegs ist (trotz gegenteiliger politischer Bekenntnisse) kein Motor der Klimawende geworden. Sie bietet vielmehr Anlässe, die Klimapolitik erneut hinten anzustellen, um stattdessen neue fossile Infrastrukturen auszubauen und neue Rohstoffquellen zu erschließen. Dass die deutschen Klimaziele auch unter grüner Regierungsbeteiligung weit verfehlt würden, war allerdings auch vorher absehbar. Schließlich meinte die ‚ökologische Wende‘ auch im Wahlprogramm der Grünen primär die Ankurbelung eines ‚grünen Wachstums‘, dass der Stärkung des ‚Standorts Deutschland‘ im globalen Wettbewerb dient. Ein ‚grüner Kapitalismus‘ Made in Germany soll dabei Profitsteigerung und Maximalkonsum mit ökologisch sauberen nationalen Statistiken vereinbar machen. Erkauft wird das durch die Auslagerung schmutziger Produktionsschritte in andere Weltregionen, auf die auch ökologische Folgelasten und Kollateralschäden des ‚grünen Wachstums‘ abgewälzt werden. All dies basiert auf der Ausnutzung und Vertiefung post- und neokolonialer Ausbeutungs- und Ungleichheitsstrukturen und heizt globale sozialökologische Krisen weiter an. In der Bilanz von drei Jahrzehnten internationaler Klimapolitik ist unterdessen der weltweite CO2 Ausstoß von ca. 22 Milliarden Tonnen (1992) auf ca. 36 Milliarden Tonnen (2021) jährlich gestiegen. Solche Befunde deuten darauf hin, dass politische Ambitionen zur Klimawende an grundlegenden Zwängen und Logiken der kapitalistischen Wirtschaftsweise klare Grenzen finden oder im Kontext der globalen politisch-ökonomischen Verhältnissen ad absurdum geführt werden.
Anhand konkrete Beispiele fragt der Vortrag, warum das so ist: Warum schlagen Versprechen eines ‚grünen Kapitalismus‘ stets ins Gegenteil um? Wie und warum gehen z.B. Biokraftstoffproduktion und E-Mobilität in der globalen Bilanz nicht nur mit einer Zerstörung von Ressourcen, Lebensgrundlagen und Biodiversität einher, sondern auch mit einer Steigerung der CO2-Emissionen? Was ist eigentlich Kapitalismus? Was meint Wirtschaftswachstum? Warum müssen im gegenwärtigen Kapitalismus Lebensmittel und besonders ressourcenintensive Güter stetig beschleunigt vernichtet werden, damit die Wirtschaft weiter wachsen kann und Lohnarbeitsplätze erhalten bleiben? Wie drückt sich das alles in den Widersprüchen unserer eigenen Konsum- und Lebensweise aus? Solche und andere Fragen sollen auch im Hinblick auf die eigentlich entscheidende Frage diskutiert werden: Wie könnte eine andere, bedürfnisorientierte, demokratische, generationengerechte und klimaneutrale Wirtschaftsform aussehen und wie können wir dorthin gelangen?
Ein aktueller Text vom Referenten zum Thema:
Tino Heim: Der Krieg - ›Vater‹ der Klimawende oder Brandbeschleuniger der Klimakatastrophe? In: Für eine andere Zeitenwende! Gemeinsames Sonderheft der kultuRRevolution und des DISS-Journals. August 2022.
Online unter: https://www.diss-duisburg.de/2022/07/diss-journal-sonderheft-5/
azconni.de/termine/warum-der-klimawandel