Dresden, PEGIDA und ihre Nazis
28. Januar 2016

Wir veranstalten vom 02.02. bis zum 06.02. eine Themenwoche anlässlich des 06. und 13. Februar. Wie gewohnt ist am Dienstag ab 19 Uhr die Rote Hilfe ansprechbar, am Mittwoch gibt’s zwischen 16.30 und 19.30 Uhr den DJ* Workshop mit L_Sa und donnerstags ab 20 Uhr findet das OAT statt,  hinzukommen folgende Input-Veranstaltungen. Weiter unten ist auch der Ankündigungstext für die Woche zu finden.

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Dienstag, den 02.02.2016: ab 20.30 Uhr Vortrag Bürgerliches Gedenken um den 13. Februar in Dresden – Entwicklungen und Akteure -> Infos hier und bei facebook

 

Mittwoch, den 03.02.2016: ab 20 Uhr Küfa und dann ab 20.30 Uhr Vortrag Neonazistisches Gedenken um den 13. Februar in Dresden – Entwicklungen und Akteure -> Infotext hier und bei facebook

 

Donnerstag, den 04.02.2016: ab 16 Uhr (im Rahmen des Antiautoritären Jugendtreffs) Nie wieder Dresden, nie wieder Krieg“?? – eine Einführung in das Gedenken um den 13. Februar 1945 und dessen Entwicklung in Kooperation mit dem Klatschcafé-> Infotext hier und bei facebook

 

Freitag, den 05.02.2016: ab 18 Uhr Demo 1×1 – Vorbereitung 06. & 13. Februar mit dem Rote Hilfe e.V.  -> Infotext hier und bei facebook . Ab 20:30 Uhr geht es dann weiter mit den letzten Infos zu den Gegenprotesten am PEGIDA-Europatag!

 

…last but not least am Samstag, den 06.02.2016: Offener Info- und Anlaufpunkt im Rahmen der Gegenproteste zum europäischen PEGIDA-Tag

und anschließend Aftershow-Konzert mit Jennifer Gegenläufer und AMK161 -> Infos hier und auf facebook

Themenwoche zum „PEGIDA-Europatag“ am 6. Februar und dem „Gedenkmarsch gegen das Vergessen“ am 13. Februar 2016: 

Dresden, 19. Februar 2011: Mehr als 10.000 Antifaschist_innen aus dem gesamten Bundesgebiet blockierten zum zweiten Mal in Folge den bis dahin größten Neonaziaufmarsch Europas. Es schien, als wären die langjährigen Versuche, den Neonazis die Straße zu nehmen und somit ihre geschichtsrevisionistische Umdeutung der Bombardierung Dresdens zum „Bombenholocaust“ zu verhindern, endgültig gelungen. Der Schein aber trug. Zwar kamen in den Folgejahren deutlich weniger Teilnehmer_innen zu den „Gedenkmärschen gegen das Vergessen“, doch die Neonaziszene erwies sich als wandlungsfähig. Mit einem veränderten Fokus rückte die „Aktionswoche gegen das Vergessen“ ins Zentrum ihrer Aktivitäten, die ebenso wie die Abkehr vom zentralen Datum des „Trauerns und Mahnens“, dem 13. Februar, zuletzt für eine Revitalisierung des rechten Gedenkens sorgte.

Zur Wandlungs- und Widerstandsfähigkeit des geschichtsvergessenen Gedankenguts leistet bis heute aber auch die Dresdner Stadt- und Landespolitik einen wichtigen Beitrag. Neben der von der „AG 13. Februar“ organisierten Menschenkette führten vor allem die bis 2014 auf dem Heidefriedhof abgehalten Gedenkstunden, bei denen sich die Prominenz aus Stadt- und Landespolitik einträchtig trauernd mit Vertreter_innen der NPD und der freien Kameradschaftsszene zeigte, zur Wirkmächtigkeit des Opfernarrativs der unschuldigen Kunst- und Kulturstadt. So gehört es in Dresden nach wie vor für erhebliche Teile der Stadtbevölkerung zur Allgemeinbildung, fern von Gewissensbissen, die Bombardierung der Stadt in eine Reihe mit den Kriegsverbrechen der Wehrmacht in Leningrad oder Warschau, und sogar mit den Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Auschwitz und anderen Konzentrationslagern zu stellen. Weiter muss in diesem Kontext aber auch hervorgehoben werden, dass die offizielle Legitimierung des Trauerns um die deutschen „Opfer“ – deren aktive Rolle in der nationalsozialistischen Gesellschaft dabei als störend in den Hintergrund verwiesen wird – mit einer massiven Delegitimierung antifaschistischen Widerspruchs einherging. Diese gipfelte 2011 in einem skandalösen Verfahren wegen „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ (§129 StGB), das in Anbetracht der Einstellung des Verfahrens im Jahr 2014 nur als bewusster Lähmungs- und Einschüchterungsversuch gegenüber antifaschistischen sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren verstanden werden kann.
Wohin eine Annäherung zwischen scheinbar bürgerlichen und neonazistischen Positionen, eine dauerhafte Inszenierung als Opferstadt und die Kriminalisierung und Lähmung linker Positionen und Strukturen außerdem führen kann, erlebt Dresden nun jeden Montag in aller Deutlichkeit. Ausgehend von den Montagsmahnwachen eröffnete sich ein verschwörungstheoretischer Diskursraum, der sich als anschlussfähig für viele diffuse Ängste erwies, die jedoch alle in dem Wahn übereinstimmen, erneut Opfer einer höheren Macht zu sein. Unter dem Vorwand, der Meinungsfreiheit eine Bresche zu schlagen, versammeln sich nun wöchentlich Tausende vor barocker Kulisse bei PEGIDA, um offen gegen Flüchtlinge, demokratische Institutionen und Medien zu hetzen. Reagierte man von offizieller Seite anfangs noch dadurch, dass nach Anschluss für die eigenen Positionen gesucht, den Hetzer_innen nach dem Mund geredet und der Gegenprotest schikaniert wurde, erweckt die aktuelle Lage mehr und mehr den Anschein, dass Stadt-, Landes- und auch Bundespolitik den Mob, den sie schufen, nicht mehr unter Kontrolle haben. Tätliche Übergriffe auf Geflüchtete, Migrant_innen und Andersdenkende, ebenso wie Brandstiftungen und Drohungen sind in Sachsen mittlerweile an der Tagesordnung – ohne dass sie von Justiz und Polizei mit der oft zitierten Härte des Rechtsstaats verfolgt würden.
All dies macht deutlich, dass es neuer Konzepte und Strategien im Umgang mit geschichtsrevisionistischer und menschenverachtender Mobilmachung bedarf! Diesem Zweck soll die „Themenwoche zum ‚PEGIDA-Europatag‘ am 6. Februar und dem ‚Gedenkmarsch gegen das Vergessen‘ am 13. Februar 2016“ gewidmet sein. Gemeinsam mit euch wollen wir den Entwicklungen und Verbindungen im bürgerlichen und neonazistischen Gedenken um den 13. Februar nachspüren und nach neuen Wegen suchen, dem Trauerspektakel Einhalt zu gebieten. Die Themenwoche muss sich aber auch mit der am 6. Februar – dem wahrscheinlichen Beginn der „Aktionswoche gegen das Vergessen“ – stattfindenden Demonstration von PEGIDA auseinandersetzen, die Dresden wiedermal in einen unvorhersehbaren Ausnahmezustand versetzen wird.